Sissel Tolaas (n)visible

Geruch ist eines der wichtigsten Kommunikationsmittel überhaupt und die Nase das älteste und fortschrittlichste menschliche Organ. Über hunderttausende von Jahren haben unsere Vorfahren gelernt, bestimmte Gerüche mit Informationen zu kodieren, die unter Umständen lebenserhaltend sein konnten. Sissel Tolaas beschreibt den Geruchssinn darüber hinaus als "den direktesten Weg zum Gehirn", durch den unmittelbar Emotionen ausgelöst werden. Die Norwegische Wissenschaftlerin ist die einzige Künstlerin auf der Welt, die Düfte sammelt, zerlegt und synthetisch wieder zusammenbaut. In ihren Werken plädiert sie für einen mehr spielerischen Umgang mit Gerüchen, um die Welt "durch die Nase" zu entdecken.

In der Kollaboration (n)visible kombinieren Sissel Tolaas und Georg Hornemann Gerüche als unbewusste Botschaften mit einem Schmuckstück. Inspiriert durch die Arbeiten von Tolaas werfen sie auf diese Weise folgende Fragen auf: Können wir Duft einsetzen, um das Verhalten anderer Menschen zu kontrollieren? Was wäre, wenn wir einen bestimmten Geruch als unbewusste Botschaft verwenden könnten? 

Jenseits eines klassischen Parfüms konzentrieren sie sich in ihrer Zusammenarbeit außerdem auf die Kombination einer Form mit einer bestimmten Funktion. Georg Hornemann recherchierte hierfür verschiedene traditionelle Geruchsbehälter. Angelehnt an die Giftringe der Renaissance entwarf er einen Ring, dessen Funktion über die als Symbolträger von Hingabe und Treue, aber auch Macht und Kontrolle, hinausgeht: Der Ring kann je nach Wunsch mit einer Geruchsbotschaft befüllt werden, dabei soll der/die Träger/Trägerin aktiv entscheiden können, welche "unsichtbare Nachricht" er/sie senden möchte. Sissel Tolaas entwarf hierzu drei Düfte, denen sie folgende "Funktionen" zuschreibt:  

                                ATTRACTION = ein Geruch, der auf andere Menschen anziehend wirkt
                                DISTRACTION = ein Geruch, der andere Menschen fernhalten soll
                                ATTENTION = ein Geruch, der die eigene Konzentration verstärkt

 Durch einen Drehmechanismus im Inneren des Schmuckstücks kann die Intensität des jeweiligen Geruchs spielerisch gesteuert werden. Eine interne Verriegelung erlaubt es, ihn mit den Gerüchen zu füllen, diese nachzufüllen bzw. auszutauschen. Der Ring kommt mit den drei o.g. Duftstoffen, die jederzeit kostenlos nachbestellt werden können. Er ist komplett aus Platin gefertigt und in einer 6er Auflage erhältlich.  

Auf dem Messestand der Galerie Sies + Höke zur Art Düsseldorf werden die drei Düfte zusammen mit dem Ring in einer Art Geruchslabor präsentiert. Die Kollaboration wird im Februar auch bei Georg Hornemann in Berlin gezeigt. präsentiert das Atelier Georg Hornemann anlässlich der BERLIN ART WEEK 2017 seine neueste Art Collaboration mit dem Bildhauer Thomas Grünfeld.

Gemeinsam wurde ein Ring entwickelt, der mit den Motiven Adlerkopf, Froschkörper und Katzenschwanz formal an die tierischen Mischwesen aus dessen Skulpturenserie misfits erinnert, inhaltlich aber die Frage nach dem menschlichen Dasein aufwirft. Realisiert wurde der Ring in drei verschiedenen Ausführungen. Alle in brüniertem Silber mit jeweils vergoldetem Schnabel, die Augen mit Edelsteinen besetzt (Turmalin, Peridot, Aquamarin) und der Frosch-Korpus in den Farben Grün, Gelb oder Lila lackiert. Jede der Variationen erscheint in einer Edition von 6.

Thomas Grünfeld (*1956) ist seit 2004 Professor für Bildhauerei an der Kunstakademie Düsseldorf. Aktuell sind seine Arbeiten unter anderem in der Einzelausstellung intercom in der Sammlung Philara zu sehen. In seiner Serie misfits beschäftigt sich Grünfeld seit 1989 mit dem Formenrepertoires der Fauna und fügt einzelne Tierteile zu hybriden Konstruktionen zusammen. Es entstehen aus dieser Zergliederung und unorthodoxen Zusammenführung Neuschöpfungen, in denen das Vorhandene und Vertraute verfremdet, aber nicht verleugnet wird. Trotz der eigentlichen Unvereinbarkeit der einzelnen Fragmente sind diese in eine ganzheitlich harmonische Komposition eingebunden.

Mit der Wahl der Tiere Adler und Frosch spielen Grünfeld und Hornemann auf die Frage nach einem selbstbestimmten Dasein an: „Bin ich Frosch oder Adler?". Der amerikanische Psychologe Wayne Dyer war der Überzeugung, dass jeder Mensch die Wahl habe, welcher der beiden Kategorien er angehören möchte. Den Fröschen, die ihr Los beklagen und das Leben stets "aus der Froschperspektive" betrachten oder den Adlern, die den Luftraum beherrschen und ihre Flugbahn nach ihrem Ziel ausrichten. Die Ringe symbolisieren die Allgegenwertigkeit dieser Entscheidung, der wir uns in jeder Situation neu stellen sollten. Sie können als gedanklicher Anstoß verstanden werden, dass wir es jederzeit dem Adler gleichtun und mehr wagen können.

Sissel Tolaas:

Tolaas wurde in Norwegen geboren und lebt in Berlin. Sie studierte Mathematik, Chemie, Linguistik und bildende Kunst in Norwegen, Polen, Russland und Großbritannien. Seit 1990 konzentriert sich ihre Arbeit auf die Forschungsthemen Geruch & Kommunikation in den Bereichen von Wissenschaft, Kunst und anderen Disziplinen. Für Tolaas ist Geruch Information. In ihren Arbeiten komponiert die Künstlerin unter anderem provokative Gerüche, um das Gedächtnis zu stimulieren, Orte wiederherzustellen, Saisonalität einzufangen und emotionale oder intellektuelle Reaktionen hervorzurufen. Oft simuliert sie komplexe und teils grenzüberschreitende olfaktorische Erfahrungen, um die Geruchsempfindlichkeit zu verbessern.

2004 gründete Tolaas mit Unterstützung der International Flavors & Frangrances Inc. (IFF) das SMELL RE_searchLab Berlin und 2010 das Institute of Functional Smells. Ihre Forschung wurde durch zahlreiche nationale und internationale Stipendien, Ehrungen und Preise gewürdigt, darunter der CEW New York Award 2014 für Chemie und Innovation, der Synthetic Biology/Synthetic Aesthetics Award 2010-2014 der Universitäten von Stanford und Edinburgh mit Residenz an der Harvard Medical School, der ArsElectronica Preis 2010 in Linz, Österreich und der Rouse Foundation Award 2009 von der Harvard Graduate School of Design (GSD). Ihre Projekte und Forschungsarbeiten wurden in mehreren Kunstinstitutionen präsentiert, wie z.B.: Museum of Modern Art (MOMA) New York, USA; MOMA San Francisco, Vereinigte Staaten; Fondation Cartier, Paris; Museum für Moderne Kunst Berlin, Deutschland; Tate Gallery, Liverpool, Vereinigtes Königreich; Kunstbiennale von Venedig sowie Architektur und Nationales Kunstmuseum von China.