ALICJA KWADE - »GOLDVOLKS«

 

Art Berlin Contemporary, 17. September – 20. September 2015

Das Atelier Georg Hornemann und die Galerie KÖNIG BERLIN präsentieren im Rahmen der diesjährigen art berlin contemporary eine neue Arbeit von Alicja Kwade. 

GoldVolks ist die vierte art-collaboration nach Rita McBride, Kris Martin und Bazon Brock. Das Interesse für diese enge Zusammenarbeit gilt vor allem der Auseinandersetzung mit den Künstlern und der gemeinsame, disziplinübergreifende Entstehungsprozess, der das Goldschmiedehandwerk mit einem konzeptionellen, künstlerischen Ansatz vereint.

Die art-collaboration GoldVolks, die mit Alicja Kwade in einen Zeitraum von über einem Jahr entstanden ist, besteht aus 97 an Ketten gehängten Goldwürfeln aus Feingold.

Alicja Kwade hinterfragt in ihren Skulpturen, Installationen und Fotografien die Entstehung und Anwendung von Realitätsstrukturen, die auf gesellschaftlichen Vereinbarungen – kulturellen Mustern, Konventionen und Kodierungen – basieren und lässt auf diese Weise ästhetisch ansprechende, zugleich unsere Sehgewohnheiten irritierende Werke entstehen.

Für GoldVolks beschäftigte sich Alicja Kwade mit nationalen Goldreserven, die von der Zentralbank eines jeden Landes gehalten werden und bis 1973 zur Deckung von Währungen dienten (Goldstandard). Heutzutage wird Gold als Risikoausgleich für Schwankungen des US-Dollars sowie als Reserve für Krisenzeiten aufbewahrt. Da Gold jederzeit als Zahlungsmittel verwendet werden kann, suggeriert ein hoher Goldbestand entsprechende Unabhängigkeit. Von 97 Ländern sind die nationalen Goldreserven offiziell bekannt. Eine entsprechende Liste kann beim World Gold Council eingesehen werden. So hält Deutschland 2015, auf Platz zwei der Liste stehend, einen Goldbestand von 3384,2 Tonnen, die Vereinigten Staaten auf Platz eins 8.133,5 Tonnen, der Libanon auf Platz neunzehn hingegen zum Beispiel 286,8 Tonnen. 

Die 97 gelisteten Goldreserven teilte Alicja Kwade durch die jeweilige offizielle Anzahl der Einwohner (CIA World Fact Book). Das so gewonnene pro Kopf Gewicht lässt sie,  vom Goldschmiedeatelier Georg Hornemann in der denkbar einfachsten Form, als Würfel in Feingold fertigen, die wie ein Schmuckanhänger jeweils an eine Goldkette gehängt werden. Anhand der Würfel visualisiert Alicja Kwade folglich den hypothetischen Goldbesitz eines jeden Bürgers, also die Menge Gold, die einem jeden Bürger theoretisch zusteht. Während Deutschland so mit seinem Goldwürfel auf Platz drei rutscht, die Vereinigten Staaten sogar auf Platz dreizehn landen, ist der libanesische nach dem schweizerischen der zweitgrößte Würfel.

In der Vitrine nebeneinander gezeigt verdeutlichen die Goldketten folglich die Wohlstandsverteilung auf dem Globus. Es wird ein abstraktes Zahlenranking visuell und haptisch erfahrbar.

Während der abc bittet Alicja Kwade, Personen eine Kette zu tragen, zum Beispiel die ihres jeweiligen Heimatlandes. Ketten, für die sie keine Landesvertreter findet, verbleiben in der Vitrine.

Das Tragen der Kette um den Hals könnte dann das Gefühl der Zugehörigkeit zum Wohlstand eines Landes erzeugen, auch wenn sich dieser Wohlstand nicht unmittelbar auf die Bürger überträgt. Der abstrakte Wert des Goldes gilt weiterhin als die sicherste Versicherung und Absicherung in Krisenzeiten. Und obwohl der Goldpreis ein willkürlicher Wert ist, der von einer kleinen „Finanzelite“ – den Mitgliedern der London Bullion Market Association (LBMA) – festgesetzt wird, besteht weltweit, wenn auch unterschiedlich gewichtet, ein politischer, wirtschaftlicher und kultischer Glaube an diesen Wert, an dem seit Jahrhunderten größtenteils nicht zu rütteln ist.

Die formale Entscheidung den Goldwürfel an einer Kette um den Hals zu tragen, verdeutlicht also nicht nur unseren theoretischen Besitz, sondern auch den Glauben an das Metall Gold, der Goldwürfel ersetzt an der Stelle das Glaubenssymbol.

Alicja Kwade (geboren 1979 in Kattowitz, Polen) lebt und arbeitet in Berlin. Sie hatte zuletzt eine Einzelausstellung in der Kunsthalle Nürnberg, in der Rotunde der Kunsthalle Schirn in Frankfurt/Main sowie in der Kunsthalle Mannheim. Darüber hinaus waren ihre Arbeiten zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen vertreten und ihre Arbeiten befinden sich in nationalen und internationalen privaten und öffentlichen Sammlungen, wie der Sammlung zeitgenössischer Kunst der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, Mudam Luxembourg - Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean, DekaBank Kunstsammlung des 21. Jahrhunderts, KAI 10 | ARTHENA FOUNDATION, Olbricht Collection, Sammlung Boros, Kunstmuseum Sankt Gallen, Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, Vehbi Koç Foundation oder Reykjavik Art Museum.

Zurück